Richterspruch: Thüringen muss weiter für Kali-Gruben zahlen
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Die Justitia ist an einer Scheibe am Eingang zum Oberlandesgericht zu sehen.
© Quelle: Rolf Vennenbernd/dpa
Weimar. Es geht für Thüringen um sehr viel Geld - jetzt hat das Oberverwaltungsgericht in einem aufwendigen Verfahren mit rund 100 Prozessakten ein Urteil gesprochen: Das Land muss danach weiterhin Millionenbeträge für Sicherungsarbeiten in stillgelegten DDR-Kali-Bergwerken an den Kali-Konzern K+S AG (Kassel) zahlen. Die Berufung des Landes gegen ein entsprechendes Urteil des Verwaltungsgerichts Meiningen wurde in der zweiten Instanz zurückgewiesen.
Die Arbeiten in einigen Hundert Metern Tiefe sind nötig, um einen Einsturz der riesigen Hohlräume auf Dauer zu verhindern - die Gruben müssten sicher verwahrt werden, so das Oberverwaltungsgericht. Formal ging es um Umweltschäden, sogenannte ökologische Altlasten, die durch den Kali-Abbau in der DDR entstanden. Das Land spricht von drohenden "Ewigkeitskosten". Thüringen hat deshalb auch vor dem Bundesverfassungsgericht Klage eingereicht.
Das Oberverwaltungsgericht erklärte Verträge zwischen Thüringen, einer Treuhand-Nachfolgegesellschaft sowie dem K+S-Konzern aus dem Jahr 1999 für wirksam. Danach bleibt K+S von den Kosten für die Arbeiten in den stillgelegten Gruben Springen und Merkers vom Land freigestellt. "Der Freistellungsvertrag ist wirksam", sagte der Vorsitzende Richter Klaus Hinkel. Auch die Beherrschung des Wassereinbruchs in der Grube Springen müsste finanziert werden. Altlastensanierung sei ein dynamischer Prozess, so Hinkel.
Thüringen hatte für die Kostenübernahme Geld vom Bund erhalten, das schon seit einigen Jahren aufgebraucht ist. Es wollte die Zahlungen, die sich laut Umweltministerium bereits auf mehr als eine halbe Milliarde Euro summierten, deckeln und sah den Bund in der Pflicht. Eine Vertragsanpassung versagte das Oberverwaltungsgericht dem Land nun aber.
Die Landesregierung wird nach Angaben eines Vertreters des Umweltministeriums nun prüfen, ob sie vor das Bundesverwaltungsgericht zieht. Auch andere Ost-Bundesländer haben Rahmenverträge mit Treuhand-Nachfolgeeinrichtungen zur Altlastenfreistellung geschlossen.
Der Kali-Konzern hatte Thüringen auf Vertragstreue verklagt - und in der ersten Instanz vor dem Verwaltungsgericht Meiningen gewonnen. Das Land legte dagegen Rechtsmittel ein. Es geht dabei um die sichere Verwahrung von Hohlräumen im hessisch-thüringischen Grenzgebiet von der Ausdehnung einer Stadt. Thüringen habe sich stets vertragstreu verhalten und mehr gezahlt, als es musste, sagten die Rechtsanwälte des Landes vor Gericht.
Nach einer Kostenexplosion vor allem wegen eines Wassereinbruchs in Springen hatte Thüringen die Vertragsanpassung verlangt und zahlt seit 2012 nur noch unter Vorbehalt. Das Land spricht von Folgekosten der Wiedervereinigung, an denen sich der Bund stärker beteiligen müsse. Verhandlungen der Landesregierung mit dem Bund hatten aber bisher keinen Erfolg gebracht.
Nach Expertenschätzung drohen Thüringen nun in den nächsten Jahrzehnten hohe finanzielle Belastungen. Thüringens Finanzministerium hatte vor einiger Zeit das finanzielle Risiko für den Landesetat in den nächsten Jahrzehnten auf einen einstelligen Milliardenbetrag geschätzt.
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