Uni-Betrieb im Ausnahmemodus
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Gern angenommenes Angebot: Dennis Keller (links) holt Essen bei Manuela Ludwig bei der „Mensa-to-go“ vor dem Studentenwerk.
© Quelle: Thorsten Richter
Marburg. In diesem Semester läuft alles ganz anders: Aufgrund der Corona-Pandemie gibt es seit dem Semesterstart am 20. April keine Präsenzlehre an der Universität, auch alle Vorträge sind zunächst bis in den Herbst hinein abgesagt.
Das Uni-Hörsaalgebäude und die Philosophische Fakultät sind wie viele weitere Uni-Gebäude derzeit für die Öffentlichkeit gesperrt. Und auch viele Forschungsprojekte sind aufgrund der Corona-Einschränkungen auf Sparflamme oder liegen auf Eis.
Dennoch ist die Philipps-Universität nicht komplett geschlossen, sondern es ist offiziell ein „eingeschränkter Basisbetrieb“ angesagt.
„Aktuell laufen noch wichtige Nachprüfungen“, erklärt die Marburger Uni-Präsidentin Professorin Katharina Krause im Gespräch mit der OP. Das betreffe beispielsweise den Fachbereich Jura, wo die Prüflinge unter genauer Berücksichtigung der Abstands- und Hygieneregeln im Audimax und anderen Hörsälen ihre Prüfungen schreiben.
Lage ist schwer zu überblicken
Und die universitäre Lehre geht weiter, allerdings derzeit ausschließlich in verschiedenen Online-Formaten. „Die Lehre auf Distanz fordert alle. Ich bin aber beeindruckt, wie sich alle Lehrenden und Mitarbeiter der Universität ins Zeug legen, damit das für die Studierenden gut klappt“, zieht Krause eine erste Zwischenbilanz.
Apropos Studierende: Es ist derzeit auch für die Uni-Verantwortlichen schwer zu überblicken, wie viele der offiziell 23.000 Studierenden in diesem Sommersemester überhaupt physisch anwesend in Marburg sind, weil ja eine Präsenzpflicht in Hörsälen oder Seminarräumen nicht erforderlich ist.
Eine Ausnahme in der Anwesenheitspflicht stellen laut Krause die Medizinstudierenden dar, da dort die Uni-Ausbildung ab dem fünften Semester stark mit der Ausbildung am Krankenbett verknüpft ist.
Viele Ausländer nicht vor Ort
Die Präsidentin schätzt aber, dass ein Großteil der ausländischen Studierenden – das sind immerhin rund 10 Prozent der Studierendenschaft – aufgrund der Corona-Lage zum Sommersemester nicht nach Marburg zurückgekommen ist.
Da generell an der Philipps-Universität der Prozentsatz von Studierenden sehr hoch ist, die nicht aus der Region um Marburg stammen, geht Krause auch davon aus, dass zudem viele Studierende aktuell auch noch nicht am Studienort Marburg sind.
Dieses sei für sie davon abhängig, wo sie ihre Hausarbeiten am besten machen könnten. Rund die Hälfte der Studierenden sei aber wohl grob geschätzt in Marburg oder pendele mehrmals wöchentlich hierher, schätzt Krause.
„Mensa-to-go“-Angebot läuft gut
Abgesehen von den eingeschränkten Möglichkeiten zum Studieren ist auch die dazugehörige Infrastruktur stark beschränkt. Bis auf weiteres bleibt aufgrund der Ansteckungsgefahren das Uni-Stadion für die Öffentlichkeit und den Hochschulsport geschlossen. Zudem sind die Mensen am Erlenring und auf den Lahnbergen seit einigen Wochen coronabedingt geschlossen.
Allerdings wird das „Mensa-to-go“-Angebot gut angenommen. In beiden Mensen werden jeweils pro Tag bis zu 250 Essen an die Studierenden ausgegeben, erläutert Studentenwerks-Sprecherin Franziska Busch. Unter Wahrung der Abstandsregeln können die Studierenden ihr Mittagessen am Erlenring beispielsweise an den Tischen vor der Mensa verzehren.
Beschränkungen für Hörsäle
Nach der Ankündigung von Wissenschaftsministerin Angela Dorn (Grüne), allmählich wieder in den akademischen Regelbetrieb überzugehen, deutet sich aber auch eine allmähliche Normalisierung an der Universität an. Starten könnte das nach Krauses Angaben nach Pfingsten mit laborpraktischen Übungen in den naturwissenschaftlichen Fächern sowie mit sportpraktischen Übungen der Sportwissenschaften im ausschließlich dafür reservierten Uni-Stadion.
Mit Seminaren und Vorlesungen bereits Anfang Juli wieder anzufangen, hält die Präsidentin noch nicht für realistisch. Das liege vor allem an den komplizierten Corona-Vorgaben, aufgrund derer das Fassungsvermögen der Hörsäle deutlich eingeschränkt sei. Nichtsdestotrotz könnte nach Krauses Vorstellung noch im Lauf des Sommersemesters vielleicht ein eingeschränkter Präsenz-Lehrbetrieb mit kleineren Seminargruppen in größeren Hörsälen wieder starten.
Professorin baut auf Uni-Sommerfest 2021
as ist aber noch Zukunftsmusik. Derzeit und wohl noch auch im kommenden Wintersemester wird wohl der Lehrbetrieb weiter eingeschränkt bleiben, zumindest so lange, bis die von der ganzen Welt erwarteten Corona-Impfstoffe wirklich marktreif sind und eingesetzt werden können.
Neben Forschung und Lehre fallen derzeit auch alle anderen universitären Tagungen und Konferenzen ins Wasser. „Vieles von dem, was Wissenschaft ausmacht, findet derzeit nicht statt“, sagt die Präsidentin.
Das betreffe neben dem fehlenden fachlichen Austausch auch die physischen Begegnungen von Forschern unterschiedlicher Fachgebiete, die auch den Charme der Universitätsstadt Marburg ausmachen. Doch bei allem Corona-Pessimismus hofft Krause auch auf einen Silberstreif am Horizont. Für das kommende Jahr plant sie schon ganz fest damit, das Uni-Sommerfest zu veranstalten – und zwar als Nach-Corona-Event.
Krisenstab berät Uni-Präsidium
Aufgrund der rasanten Änderungen im Corona-Geschehen müssen auch die Regeln und Vorgaben für die Marburger Universität nahezu täglich angepasst werden. Die Neuigkeiten dazu finden sich regelmäßig aktualisiert auf einer Spezial-Corona-Seite auf der Uni-Homepage www.uni-marburg.de. Entscheidend für die Uni-Verantwortlichen sind dabei zunächst die Vorgaben des Landes Hessen und vor allem des zuständigen Wissenschaftsministeriums sowie des Kreisgesundheitsamtes und der Bundesbehörden. Zusätzlich ist aber an der Marburger Hochschule seit Mitte März ein Krisenstab eingerichtet, der das Uni-Präsidium in allen Corona-Fragen berät. Zu den Mitgliedern dieses Gremiums zählen neben Mitgliedern der Uni-Verwaltung auch Mediziner. Allen voran baut das Präsidium auf die Expertise des Marburger Virologen Professor Stephan Becker und seines Teams vom Uni-Institut für Virologie. „Seinen Rat, vorsichtig mit den Auswirkungen der Pandemie umzugehen, nehmen wir sehr ernst“, sagt Uni-Präsidentin Professorin Katharina Krause im Gespräch mit der OP. Zusätzliche Verstärkung erhält der Krisenstab auch von den Studiendekanen mehrerer Fachbereiche, weil in Corona-Zeiten die Organisation der Lehre ein essenzielles Thema an der Uni ist. Der Krisenstab berät das Präsidium nach Krauses Angaben regelmäßig, aber jeweils im Abstand von einigen Wochen.