Marburger Philharmonie begeistert mit Werken von Rachmaninoff und Weill
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/CY6RVP6ORNDMFHYJIG5MLNNMQM.jpg)
Die Marburger Philharmonie.
© Quelle: Torsten Mihr
Marburg. Ein volles Haus, ein bis in die Haarspitzen motiviertes Orchester und ein Solist, der als alter Bekannter das Publikum in der Universitätsstadt zu frenetischem Applaus anspornte: Für Martin Spahr, den neuen Dirigenten der Marburger Philharmonie, war das Winterkonzert im Erwin-Piscator-Haus ein Auftakt nach Maß.
Man würde Wolfgang Amadeus Mozart Unrecht tun, erklärte man ihn zur Randnotiz eines Konzertabends. Doch die Ouvertüre aus „Così fan tutte“ war in diesem Fall eindeutig das Aufwärmprogramm für die Finger der Ausführenden und die Ohren der Zuhörerinnen und Zuhörer.
Solist Lukas Rommelspacher
Mit Spannung war Lukas Rommelspacher erwartet worden, der die Junge Marburger Philharmonie selbst vier Jahre lang geleitet hatte, bevor es ihn an die Oper in Frankfurt zog. Am Sonntagabend nahm er am Flügel Platz – als Solist in Sergej Rachmaninoffs zweitem Klavierkonzert. Die technischen Herausforderungen dieses Werks zeigten Rommelspacher als gereiften Pianisten, der sich in jedem Takt blind darauf verlassen konnte, im sicheren Einklang mit Dirigent und Orchester die gleiche Sprache zu sprechen und große Emotionen ebenso herausarbeiten zu können wie kleinste tonale Details.
Mit tosendem Applaus honorierte das Haus die zupackende Interpretation des Klavierkonzerts, mehrfach kehrte Rommelspacher sichtlich bewegt zurück auf die Bühne und bedankte sich vor der Pause mit einer Zugabe aus Mendelsohn-Bartholdys „Liedern ohne Worte“.
Bläser gefordert
Noch mit den melancholischen Schwelgereien Rachmaninoffs in den Ohren, kehrten die Zuhörerinnen und Zuhörer in den EPH-Saal zurück – bereit für ein extremes musikalisches Wechselbad: Kurt Weills Sinfonie Nr. 2. Hatten sich zuvor in den drei Sätzen des Klavierkonzerts rhythmische Passagen noch romantisch verschleifen lassen, duldet Weills Komposition in dieser Hinsicht keinerlei Nachlässigkeit. Martin Spahr sorgte mit aufmerksamer Arbeit am Pult dafür, dass ein Marsch nach Marsch und Tänzerisches nach Tanz klangen.
Die Sinfonie fordert in besonderem Maß die Holz- und Blechbläser, deren Themen Weill immer wieder in schneller Taktung über die Palette der einzelnen Instrumente aufgliederte – für die Ausführenden eine enorme Konzentrationsleistung. Weill, der eher durch seine Bühnenmusiken und die Zusammenarbeit mit Bertolt Brecht populär wurde, hielt sich nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten bereits im Pariser Exil auf, als er 1934 die Sinfonie schrieb. Allerdings wollte Weill das Werk gar nicht so sehr als Kommentar zur Zeitgeschichte verstanden wissen, sondern eher als sinfonische Fantasie.
Finaler Ohrwurm
Mit einem großen, ja: pompösen Finale endete der dritte Satz der Weill-Sinfonie. Den minutenlangen Beifall honorierten Orchester und Dirigent mit einer augenzwinkernden A-Cappella-Version des Songs „All by Myself“. Ja, genau, die Schnulze aus „Bridget Jones“. Komponiert von Eric Carmen, gecovert von der halben Popwelt. Und geklaut aus dem zweiten Satz des zuvor gehörten Rachmaninoff-Konzerts. Den Ohrwurm nahmen alle gern mit nach Hause.