Dozentin vermisst Studierende
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Dozentin Dr. Christiane Rokitzki steht im leeren Übungsraum der Universität vor dem auf die Leinwand projizierten Video, in dem Studentin Philippa Engler die im Seminar erarbeiteten Inhalte in einer Übungspräsentation umsetzt.
© Quelle: Manfred Hitzeroth
Marburg. Nur noch Online-Lehre statt der größtenteils üblichen „klassischen Unterrichtsformen“ Vorlesung und Seminar. Romanistik-Dozentin Dr. Christiane Rokitzki steht nach einigen Wochen dieses an der ganzen Universität durch die Corona-Umstände erzwungenen Kollektiv-Experiments im leeren Seminarraum im Turm D in der fast völlig verwaisten Philosophischen Fakultät und zieht eine Zwischenbilanz.
„Erst habe ich gedacht, es ist ganz schön ruhig. Aber ich vermisse jetzt schon den Kontakt zu den Studierenden“, berichtet sie. „Ich habe die zu wenig bei mir und weiß nicht genau, wie die zurechtkommen“, sagt sie.
Ohne „Ilias“ gäbe es an der Marburger Universität im Sommersemester keine Online-Lehre. Rund 95 Prozent der Lehrenden arbeiten nach Schätzungen von Rokitzki mithilfe der zentralen Lernplattform.
Dort hat sie auch die digitalen Lerninhalte für ihre Studierenden für das aktuelle Semester platziert. „Die Seminar-Programme waren eigentlich schon im Februar fertig“, berichtet die Dozentin.
Zufall kommt der Dozentin zu Hilfe
Doch die Corona-Pandemie machte ihr wie allen anderen Lehrenden dann einen dicken Strich durch die Rechnung. In der gesamten Universität ist laut Dekret der Uni-Leitung und des Landes seit dem Semesterstart Mitte April keine Präsenzlehre möglich. Gewissermaßen über Nacht mussten die Pläne für Seminare und Vorlesungen auf den Digitalbetrieb umgestellt werden.
Christiane Rokitzki konnte dabei immerhin von Vorarbeiten aus den vorangegangenen Semestern profitieren. So hatte sie ihr Seminar „Wissenschaftliches Arbeiten und digitale Anwendungen“ aus „inhaltlichen und didaktischen Gründen“ bereits als komplett digitalen Selbstlernkurs in sechs Lektionen konzipiert und angeboten. Der Vorteil aus Sicht der Dozentin: „Der Kurs kann asynchron, selbstständig und in eigenem Tempo bearbeitet werden.“
Etwas umständlicher als im direkten Kontakt
Gleiches gilt nach Rokitzkis Ansicht theoretisch auch für das von ihr „Corona-tauglich“ gemachte Seminar „Grundlagen der Sprachbeschreibung“. Allerdings hat sie in diesem Kurs, in dem es beispielsweise um die Grundlagen der Laute und anderer Sprachbestandteile der spanischen Sprache geht, die Grundstruktur wie im Präsenzunterricht beibehalten. Es finden regelmäßige Seminarsitzungen statt.
Anders als sonst werden die inhaltlichen und technischen Hinweise für die Aufgaben der jeweiligen Woche in einem PDF-Dokument bereitgestellt. Hatte sie ansonsten über die Probleme oder Fehler der Studierenden in den von ihnen bearbeiteten Aufgaben direkt mit ihnen im Seminar gesprochen, gibt es jetzt einen Umweg zur Fehlerkorrektur. Nach der Durchsicht der digital zurückgesandten Übungsblätter lädt die Dozentin Audio-Kommentare hoch, die sich die Studierenden wiederum online ansehen und -hören können.
„Viele inhaltliche Fragen entstehen spontan“
Einige Studierende sind bisher teilweise an technischen Schwierigkeiten gescheitert. „Manche Präsentationen konnte ich mit meiner Technik gar nicht erst öffnen“, sagt Ronja Hochstätter, die im zweiten Semester studiert und den Kurs belegt hat. Das findet sie deswegen schade, weil sie eigentlich die Mühe würdigt, die sich die Dozentin bei der Erstellung der Zusatzmaterialien gemacht hat.
„Zudem entstehen viele inhaltlichen Fragen spontan“, meint sie. In der „analogen“ Gruppensituation könne man normalerweise viel schneller über Lösungsansätze reden. Dagegen sei die Hemmschwelle, solche Fragen im Chat zu stellen, doch eher größer.
Vorträge vor Publikum fallen flach
Im Mittelpunkt von Rokitzkis zweitem Kurs steht die „Präsentations- und Medienkompetenz“. Im Kern geht es darum, sich eine möglichst professionelle Vortragstechnik bei der Präsentation wissenschaftlicher Themen anzueignen und diese dann vor Publikum zu demonstrieren.
Ein wesentliches Element sind dabei die Vorträge vor dem „Publikum“ der studentischen Seminargruppe und der Dozentin. Durch Corona wird das natürlich sehr erschwert.
Studentin Philippa Engler sieht als Kursteilnehmerin Vor- und Nachteile in dem digitalen Format. „Theoretisch hätte ich im Gegensatz zur Live-Situation in der Seminargruppe jetzt unendlich viele Versuche, meine Präsentation aufzunehmen“, sagt sie.
Digitale Lehre bietet Chancen
Sie hielt selbst schon ihre dritte Aufnahme für vorzeigbar und lud sie dann hoch. Außerdem fehlte ihr ein wenig die in der Universität vorhandene professionelle Präsentationstechnik. Trotz allem empfand sie aber die Hinweise von Kommilitonen zu ihrem Vortragsstil schon als nutzbringend.
Prinzipiell hat Philippa Engler alle technischen Voraussetzungen für die Teilnahme an der Online-Lehre. Allerdings waren auch für sie bisher manche der geforderten Aufgaben neu wie beispielsweise die Erstellung einer kommentierten Power-Point-Präsentation.
Sie sieht aber insgesamt auch die Chancen in der digitalen Lehre. Aber vor allem vermisst sie den persönlichen Austausch mit den anderen Studierenden im Seminar. „Die Lernatmosphäre ist einfach nicht die gleiche“, meint sie.
OP