Arbeitsrecht

Kein „Eis- und Schnee­frei“ für Beschäftigte

Der Räumdienst im Einsatz.

Der Räumdienst im Einsatz.

Marburg. Vereiste Straßen, ein erschwerter Arbeitsweg – dürfen Arbeitnehmer dann einfach zu Hause bleiben? „Können Beschäftigte aufgrund winterlicher Witterungsbedingungen nicht zur Arbeit erscheinen, müssen sie mit Entgelteinbußen rechnen“ verdeutlicht Jürgen Kümpel, Geschäftsführer der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU) in Nordhessen und Fachanwalt für Arbeitsrecht. Es gelte im Arbeitsrecht der Grundsatz: „Ohne Arbeit kein Lohn“. In diesem Fall dürfe der Arbeitgeber also das Entgelt für die ausgefallene Arbeitszeit einbehalten, so Kümpel.

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Zwar hätten die Beschäftigten auf die Witterungsbedingungen keinen Einfluss. Allerdings trügen sie nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts das Risiko, nicht oder nicht rechtzeitig am Arbeitsplatz zu erscheinen. Man spreche hier von dem sogenannten „Wegerisiko“.

Etwas anderes gelte, wenn die Arbeit aufgrund von Störungen im betrieblichen Bereich nicht aufgenommen werden könne. „Wenn beispielsweise wegen der Kälte der Strom im Betrieb ausfällt und deshalb nicht gearbeitet werden kann, fällt dies in den Risikobereich des Arbeitgebers“, so Kümpel. Man spreche hier vom sogenannten Betriebsrisiko des Arbeitgebers. In diesem Fall müsse das Entgelt fortgezahlt werden. Kümpel weiter: „Wissen die Beschäftigten bereits, dass sie wegen des Winterwetters in den nächsten Tagen nicht zur Arbeit kommen können, können sie vorher Urlaub beantragen oder in Abstimmung mit dem Arbeitgeber etwaige Überstunden an diesen Tagen abbauen.“

Die Beschäftigten könnten an diesen Tagen auch im Homeoffice arbeiten, wenn dies betrieblich geboten und der Arbeitgeber einverstanden sei. Auch sei „Nacharbeiten“ von ausgefallenen Arbeitstagen möglich. Aber auch dies müsse mit dem Arbeitgeber abgestimmt sein. „Die Arbeitsvertragsparteien können also vereinbaren, dass die Beschäftigten die ausgefallene Zeit an einem anderen Tag nacharbeiten“, so der Arbeitsrechtler. Beschäftigte, die witterungsbedingt nicht ihre Arbeit aufnehmen könnten, müssten grundsätzlich nicht mit einer Abmahnung oder Kündigung rechnen. Denn dies setze regelmäßig ein Verschulden des Arbeitnehmers voraus, was bei Schnee und Eisglätte in der Regel nicht der Fall sei.

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Kümpel erläutert: „Allerdings müssen die Beschäftigten alles ihnen Zumutbare versuchen, ihre Arbeit pünktlich aufzunehmen.“ Was zumutbar sei, müsse im Einzelfall entschieden werden. Aber: „Sofern die winterlichen Witterungsverhältnisse rechtzeitig absehbar sind, ist den Beschäftigten zuzumuten, mehr Zeit für den Weg zur Arbeit einzuplanen, früher aufzustehen oder auf andere Verkehrsmittel, auch Taxis, oder auf einen anderen Arbeitsweg auszuweichen“, so Kümpel. Zudem müssten die Beschäftigten ihren Arbeitgeber so früh wie möglich über den witterungsbedingten Arbeitsausfall informieren. „Denn so kann der Arbeitgeber gegebenenfalls die zu erledigende Arbeit umdisponieren.“

Von unseren Redakteuren

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