Etwas Licht in die Corona-Dunkelheit bringen
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Wie kann man Menschen in der Corona-Pandemie helfen? Diese Frage stellen sich Mitglieder des Vereins Solidarburg.
© Quelle: Foto: Florian Lerchbacher
Marburg. Das Ziel: Menschen, die unter dem Lockdown leiden, zu helfen. Sei es mit Gassigehen mit Haustieren, sei es mit Einkaufshilfen, sei es mit Nachhilfe. Bald organisierten sich mehr als 450 Frauen und Männer in dem Verein, sprachen sich in einer Gruppe des Social-Media-Dienstes Telegram ab, stellten eine Internet-Homepage ins Netz mit einer Telefon-Hotline, die von Montag bis Freitag jeweils sechs Stunden besetzt war. Alles ehrenamtlich, versteht sich.
„Die Leute zusammen zu bekommen war fast ein Selbstläufer, man will helfen, wo und wie man kann“, sagte damals Simon Peters, einer der Solidarburg-Initiatoren. „Die Härten gehen wohl über die Zeit erst richtig los, für viele dürfte es von Tag zu Tag etwas schwieriger werden“, ahnte er und versprach: „Wir waren, sind und bleiben jedenfalls für alle, die es brauchen, da.“
Gut 10 Monate später gibt es den Nothilfeverein noch immer. Doch es hat sich in dieser Zeit viel verändert. Die Homepage www.solidarburg.de gibt es noch immer, die Nothilfenummern sind aber nicht mehr zu erreichen. Auch weiterführende Links wie über die „Helferkarte“ oder „Aushänge“, in denen über Pläne und Aktionen berichtet wurde, führen ins Nichts. Die Organisation läuft über Telegram, Instagram und Facebook – Social-Media-Dienste, die vielen alten Menschen fremd sind. Die Folge: „Alte Menschen erreichen uns auf diese Weise nicht mehr“, sagt Peters im Gespräch mit der OP.
Ohnehin ist Solidarburg nicht mehr als Einkaufshilfe oder Gassigeh-Hilfe aktiv. Der Verein hat sich neu orientiert. Regelmäßig trifft sich ein Organisationsteam – natürlich Corona-gerecht online, überlegt sich Projekte wie eine Weihnachtskarten-Aktion oder Telefonpatenschaften für alte Menschen, die unter der Corona-Isolation leiden.
Die Idee hatte Nina Dederichs. Die 25-Jährige studiert in Marburg Sozial- und Kulturanthropologie und ist seit Mai bei Solidarburg dabei. „Die Einsamkeit ist eines der größten Probleme der Pandemie“, sagte sie der OP. Insbesondere alte Menschen verlieren in der Isolation Kontakte und Gesprächspartner. Mit ihren Aktionen will die 25-Jährige gemeinsam mit ihren Mitstreiterinnen und Mitstreitern ein wenig Licht in die Corona-Dunkelheit bringen.
Mit Erfolg gelaufen ist jüngst eine Weihnachtsaktion. Über Social-Media-Plattformen hat sie Solidarburg-Mitglieder aktiviert, die mehr als 400 Weihnachtsgrüße an einsame alte Menschen geschrieben haben. „Wegen des Datenschutzes konnten die Briefe nicht persönlich adressiert werden. Deshalb gingen sie an Altenhilfe-Institutionen. Manche haben 20 Briefe geschrieben, manche eine Karte“, sagte sie der OP. Verschickt wurden ganz persönliche Geschichten, etwa wie Weihnachten in der eigenen Familie gefeiert wird, oder dass man gerade Eltern geworden sei und das erste Weihnachtsfest als Familie feiere. Manche Familien schickten Kinderbilder oder Bastelarbeiten mit.
Es war eine kleine Aufmerksamkeit, die einzelnen nicht viel Mühe macht, aber gleichwohl einen ungemein wichtigen Aspekt hatte: Er machte die Adressaten glücklich. „Die Rückmeldungen von den Altenhilfe-Trägern waren sehr, sehr positiv“, freut sich die Studentin, die in ihrer Freizeit auch einen 64-jährigen Risikopatienten etwa bei Arztbesuchen unterstützt. Altenheimbewohner hätten sich die Briefe teilweise gegenseitig vorgelesen.
Inzwischen arbeitet sie an einem zweiten Projekt mit Altenhilfeträgern wie den Johannitern, dem DRK oder der Marburger Altenhilfe St. Jakob: Telefonpatenschaften für alte Menschen. Die Idee dahinter: Sie will Menschen, die durch Corona streng isoliert sind, Kontaktpersonen vermitteln, mit denen sie sich einfach nur unterhalten können. Einmal oder zweimal pro Woche oder einmal alle zwei Wochen per Telefon oder Skype – das hänge ganz von den Gesprächspartnern ab. Rund 20 Telefonpatinnen und -paten hat sie über die Solidarburg-Kontakte bereits gewonnen.
Noch aber stockt das Projekt wegen des Datenschutzes, doch Nina Dederichs ist zuversichtlich, dass die Probleme bald ausgeräumt sind. „Die Patenschaften sind vielleicht ein kleiner Lichtblick, die die Menschen durch ihren Alltag begleiten“, hofft sie.
Für alle, die Hilfe anbieten wollen, hier die E-Mail-Adresse: kontakt@solidarburg.de