Autos und andere Verkehrsmittel
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Der OP-Talk zur Oberbürgermeisterwahl offenbarte unterschiedliche Haltungen zum Ausbau des Öffentlicher Personennahverkehrs.
© Quelle: Thorsten Richter
Marburg. Eineinhalb Stunden lang diskutierten am Donnerstagabend auf Einladung der OP acht der neun Kandidatinnen und Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl konzentriert und engagiert über die wichtigsten Themenfelder, die den Oberbürgermeister-Wahlkampf und die Politik der vergangenen Jahren bestimmten – Jounes Erojo (Marburg 24) hatte es vorgezogen, der Veranstaltung fernzubleiben: von der Klimawende über die Verkehrspolitik, speziell den Behringtunnel, bis hin zur Frage, wie und wo zusätzlicher Wohnraum geschaffen werden kann. Die OP-Redakteure Carsten Beckmann, Björn Wisker und Nadine Weigel moderierten diesen „Wettlauf gegen die Zeit“, wie es Wisker nannte, und sie gewannen ihn: Nach 90 Minuten waren die wichtigsten Punkte angesprochen und diskutiert. Selbstverständlich fand die Diskussion nach strengen Hygieneregeln statt.
Verkehrspolitik im Mittelpunkt
Fast erwartungsgemäß stand die Verkehrspolitik im Mittelpunkt der Veranstaltung. In unserer weiteren Berichterstattung berichten wir aber auch über die Debatten speziell zum Behringtunnel, über Wohnungsbau in Marburg und die unterschiedlichen Konzepte zu Sicherheit und Ordnung in Marburg.
Angesichts der zuletzt wieder aufgekommenen Diskussion über eine mögliche Erhöhung von Parkgebühren in der Innenstadt sagte Renate Bastian (Marburger Linke), niedrige Parkgebühren lösten keine Verkehrsprobleme. Sie setzt mit ihrer Partei darauf, den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) kostenfrei zu machen. Der kostenlose ÖPNV sei der "Kernpunkt der Verkehrswende" in Marburg, sagte Bastian. Sie plädierte aber für die Schaffung von Parkmöglichkeiten am Stadtrand und Umstiegsmöglichkeiten in den ÖPNV.
Diehl plädiert für Heraufsetzung der Parkgebühren
"Die Parkgebühren reichen in der Innenstadt aus", sagt Nadine Bernshausen, die Oberbürgermeisterkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen. Sie sprach sich deutlich dagegen aus, den Autoverkehr ganz aus der Innenstadt zu verbannen. Auch Bernshausen griff die Idee von Parkhäusern am Stadtrand auf.
Mariele Diehl (Klimaliste Marburg) plädierte dagegen klar für eine Heraufsetzung der Parkgebühren in der Innenstadt. Der Autoverkehr müsse weniger attraktiv gemacht werden, sagte sie – und geriet damit in Widerspruch zu CDU-Kandidat Dirk Bamberger. Der Landtagsabgeordnete plädiert für ein harmonisches Miteinander aller Verkehrsträger in Marburg und träumte laut von neu entstehenden Stadtteilen, in denen der Autoverkehr unter die Häuser geht. Denn man müsse sich nichts vormachen. Der motorisierte Individualverkehr wird nicht abgeschafft werden, so Bamberger. Renate Bastian widersprach: "Pkw sind nicht die Zukunft der Mobilität." Man müsse die Pkw aus der Innenstadt heraushalten.
Spies ist gegen Nulltarif für Stadtbusse
Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies (SPD), der für eine weitere Amtszeit wiedergewählt werden will, zählte auf, was die Stadt Marburg bereits getan hat, um das Verkehrsproblem in den Griff zu bekommen. Die Stadtwerke führen doppelt so viele Kilometer wie die in vergleichbaren anderen Städten. Mit Fördergeldern werden außerdem die Stadtbusse auf den Strecken zu den Lahnbergen elektrifiziert. Der Amtsinhaber ist aber gegen einen Nulltarif für Stadtbusse. Statt 10 Millionen Euro auszugeben, um den ÖPNV kostenlos zu machen, solle man das Geld lieber in die energetische Sanierung von Häuser stecken.
Suntheim-Pichler und ihr E-Bike
Andrea Suntheim-Pichler (Bürger für Marburg) berichtete von ihren Erfahrungen mit dem Umstieg vom SUV auf ein E-Bike. Die sind für die Geschäftsfrau, die zentrumsnah wohnt, überwiegend positiv. Aber: Ganz auf das Auto verzichten mag und kann sie nicht. Etwa dann nicht, wenn sie zu Geschäftsterminen einen Hosenanzug trägt – das gehe dann nicht auf dem E-Bike.
Dr. Frank Michler (Weiterdenken Marburg) wies aber darauf hin, dass der eigene Pkw in der Corona-Krise wieder attraktiver geworden sei aufgrund der Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln.
Selinka: "Umstieg ist schwierig"
FDP-Mann Michael Selinka schließlich machte auf einen weiteren Umstand aufmerksam: Wer aus einem Außenstadtteil 5 Minuten mit dem Auto, aber 30 Minuten mit dem ÖPNV brauche, der werde schwer zum Umstieg zu motivieren sein. „Wir müssen die Leute animieren, aus dem Verkehrsmittel Auto rauszugehen“, sagte Selinka und erhielt Unterstützung von Andrea Suntheim-Pichler: Zum „Green-City-Plan“ der Stadt gehöre es auch, Angebote der unterschiedlichen Verkehrsträger digital zu vernetzen.
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