Düstere Zahlen, aber ein Hoffnungsschimmer
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Die Betriebe meldeten der Arbeitsagentur im Dezember mehr neue freie Stellen.
© Quelle: Sebastian Gollnow/dpa/Archiv
Marburg. „Teilweise richtig gruselige Zahlen“, aber auch „ein kleiner Lichtschein am Horizont“: Mit diesen Worten beschrieb Volker Breustedt, Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Marburg, am Dienstag, 5. Januar, in einer telefonischen Pressekonferenz die Lage auf dem regionalen Arbeitsmarkt.
Die Corona-Krise schlägt durch, die Arbeitslosigkeit hat im Dezember im Landkreis zugenommen – egal, welche Zahlen man heranzieht: Gegenüber dem November – typisch für die Jahreszeit; aber auch gegenüber dem Vorjahresmonat Dezember 2019; in allen Personen- und Altersgruppen, in allen drei Geschäftsstellen der Arbeitsagentur.
Im Dezember 2020 gab es im Landkreis 5.621 Arbeitslose (Arbeitslosenquote: 4,2 Prozent), 935 mehr als im Vorjahr. Bundesweit waren im Dezember rund 2,7 Millionen Menschen arbeitslos, fast eine halbe Million mehr als ein Jahr zuvor.
Kurzarbeit-Zahlen kommen mit Verzögerung
Dennoch sagt Breustedt: „Wir könnten schlechtere Zahlen haben, als sie derzeit sind.“ Durch Instrumente wie Kurzarbeit werde die Corona-Krise abgefedert. Für den Landkreis insgesamt lagen seit Beginn der Corona-Krise 2.439 Kurzarbeit-Anzeigen von Betrieben vor; potenziell sind davon bis zu 27.705 Beschäftigte betroffen. Das heißt allerdings nicht, dass alle diese Menschen tatsächlich in Kurzarbeit waren oder sind.
Die genauen Zahlen erfährt die Arbeitsagentur mit Verzögerung, wenn die Betriebe dies abrechnen. Deshalb sind die aktuellsten derzeit vorliegenden Daten vom August. Damals waren 7.934 Menschen in 636 Betrieben in Kurzarbeit. Kleiner Lichtblick: Von Mai bis August ist die Zahl der betroffenen Betriebe und Beschäftigten um fast die Hälfte gesunken.
Eine „relativ positive Entwicklung“ sieht Breustedt im Vergleich zum Dezember 2019 auch bei der Zahl der Menschen, die aus Erwerbstätigkeit arbeitslos geworden sind (548, das sind 2,1 Prozent weniger als im Vorjahresmonat) und umgekehrt aus der Arbeitslosigkeit erwerbstätig geworden sind (337, das sind 24,4 Prozent mehr als im Vorjahresmonat).
Mehr neue Arbeitsstellen gemeldet
459 Arbeitsstellen wurden im Dezember neu gemeldet, 16 mehr als vor einem Jahr. Wie Dr. Heike Beber, Pressesprecherin der Arbeitsagentur, ausführte, gibt es allein im Bereich Gesundheit und Soziales 91 neue Stellenangebote, ein Drittel mehr als im Vorjahresmonat. Hier macht sich bemerkbar, dass Heime, Krankenhäuser und Arztpraxen Corona-bedingt zusätzliche Mitarbeiter suchen.
82 neue Stellen bieten Zeitarbeitsfirmen an – sie suchen Beschäftigte für Pharmaunternehmen, aber auch für die Metallindustrie. 64 neue Stellen gibt es im Bereich Lehre und Erziehung – vor allem an der Universität –, 21 im Baugewerbe.
Schlecht sieht es hingegen wegen der Corona-Beschränkungen derzeit im verarbeitenden Gewerbe, im Handel, in der Gastronomie und der Veranstaltungsbranche aus. Und auch auf Jahressicht hat die Corona-Krise dafür gesorgt, dass es weniger freie Stellen gibt. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 5.328 Stellen bei der Arbeitsagentur gemeldet – 2.095 weniger als im Vorjahr.
Zahl der Hartz-IV-Bezieher gesunken
Sorge macht der Arbeitsagentur die Situation der Langzeitarbeitslosen. Es bestehe die Gefahr, dass sie abgehängt würden, sagte Breustedt: „Wir müssen unsere Bemühungen intensivieren.“
Zudem habe es häufiger Massenentlassungen gegeben. Angesichts der Konjunkturlage rät Breustedt Betroffenen, sich wenn möglich in einer Transfergesellschaft weiterzuqualifizieren. Denn eine gute Qualifikation erhöhe die Chancen auf dem Arbeitsmarkt.
Der größte Teil der Menschen, die sich im Dezember arbeitslos gemeldet haben, kommt aus sozialversicherungspflichtigen Jobs. Die Zahl der Arbeitslosen, die Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung (Sozialgesetzbuch III) bekommen, stieg im Vergleich zu November um 132. Die Zahl der Grundsicherungsempfänger nach Sozialgesetzbuch II, die vom Kreisjobcenter betreut werden, sank hingegen um 16.
Neuer Blick auf Corona-Einschränkungen
Die Pressestelle des für das Jobcenter zuständigen Landkreises wies allerdings darauf hin, dass sich die Zahlen auf den Stichtag 10. Dezember beziehen, der vor Beginn des „harten Lockdowns“ war.
„Wir hoffen, dass der Arbeitsmarkt auch mit den aktuellen Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus relativ robust bleibt. Die Unternehmen haben mittlerweile Erfahrungen mit solchen Maßnahmen gemacht und es existieren umfangreiche staatliche Stützungsmaßnahmen“, sagte der Erste Kreisbeigeordnete Marian Zachow laut Mitteilung. „Dennoch wird es wieder einen Rückschlag geben. Gerade kurzfristige Saisonbeschäftigung, darunter viele Minijobs, dürfte entfallen. Die Zahl der Kurzarbeiter wird wieder deutlich steigen“, so Zachow.
„Die Einschränkungen, die wir jetzt haben, dienen letztlich auch der Wirtschaft“, stellte Breustedt klar. Wenn es gelinge, die Infektionszahlen zu senken, könnten auch die Produktionsbetriebe wieder arbeiten. Seine Prognose: „Wir werden in vier Wochen über eine gleichbleibende Zahl von Kurzarbeitenden reden und die Hotel- und Gaststättenbetriebe werden sich durch die Wirtschaftshilfen noch über Wasser halten.“
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