Karneval

Feiern – höchstens online und intern

Die karnevalistischen Grüße von St. Maria gibt es dieses Jahr Corona-konform nur als Foto.

Die karnevalistischen Grüße von St. Maria gibt es dieses Jahr Corona-konform nur als Foto.

Ostkreis. Derzeit ist der Höhepunkt der Narrenzeit – mit Weiberfasching und dem vor der Tür stehenden Rosenmontag. Doch dort, wo es eigentlich närrisch zugehen sollte, herrscht zumeist gähnende Leere. Das einzige, was ein bisschen an Karneval erinnert, sind gelegentliche Beiträge im Fernsehen und Kreppel, die dafür sorgen, dass die Auslagen in Bäckereien bunt und voller Kalorien daherkommen. Zwar tragen die Menschen überall Masken – doch mit Humor und Verkleiden hat das leider so gar nichts zu tun.

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Was passiert also in den Vereinen, für die ansonsten derzeit die beste Zeit des Jahres wäre? Generell lässt sich sagen: wenig bis nichts – die Vernunft siegt, und die Menschen halten sich an die Corona-Vorschriften. In der Narren-Hochburg Neustadt haben sich jüngst die Sitzungspräsidenten der fünf karnevalstreibenden online getroffen.

„Einfach mal zusammensitzen – das fehlt mir. Es macht den Kopf frei“, sagt Andreas Gnau von der Kolpingfamilie und betont: „Online sich zu treffen, hat zwar Spaß gemacht. Aber es ist kein Ersatz. Die Menschen fehlen mir.“ Dem schließt sich VfL-Kollege Michael Launer an: „Das war witzig. Aber mal war der eine weg, dann der andere“ – aus diesem Grund halte er es auch nicht für möglich, als Ersatz für Präsenz-Prunksitzungen Veranstaltungen dieser Art in der virtuellen Welt auszurichten.

Der Kontakt bleibt

Aber: Online könnten sich die Gruppen wenigstens treffen und ein bisschen austauschen. „So halten wir untereinander wenigstens den Kontakt“, erklärt Carmen Cloes-Kleiner vom Jugendblasorchester und bezeichnet die Situation als bedauerlich: „Aber da müssen wir durch.“ Der Elferrat der Kolpingfamilie hatte derweil für das Wochenende einen „kleinen, virtuellen Kappenabend“ organisiert – und Gnau die rund 70 Teilnehmer mit Verpflegungspaketen versorgt.

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Anja und Andreas Gnau packten für Neustadts Narren Care-Pakete - in denen, typisch für den karnevalistischen Humor, eine Dose Corona nicht fehlen durfte.

Anja und Andreas Gnau packten für Neustadts Narren Care-Pakete - in denen, typisch für den karnevalistischen Humor, eine Dose Corona nicht fehlen durfte.

Für die Frauen gab es darin unter anderem einen Sekt, für die Männer – natürlich – ein Corona-Bier. Verschiedene Gruppen hatten dafür außerdem typische Beiträge vorbereitet: die Neistärrer Gassejonge beispielsweise ein obligatorisches Lied und „Henkel und Larry“ ihre Neustadt-News. Ein „bisschen wie sonst auch“, sei es vor den Bildschirmen gewesen, freut sich der Sitzungspräsident: „Bei dem ein oder anderen war es am nächsten Morgen auch wie immer“, ergänzte er mit einem Blick auf den Konsum von Kaltgetränken.

Beim VfL gab es zumindest den ein oder anderen Scherz, der per Messenger Whatsapp in die beteiligten Haushalte flatterte. Die Hoffnungen ruhen auf dem nächsten Jahr, so Launer, der zum Durchhalten aufruft: „Ich bin guter Hoffnung, dass wir dann wieder richtig Karneval feiern können.“ Dann wird der Verein auch ein neues Prinzenpaar präsentieren. Bis dahin sind Henry Gawlitta und Bettina Abel quasi weiter im Amt, gelten allerdings als „Prinzregentenpaar“.

Feedback per SMS oder Whatsapp

Die Frauen von St. Maria haben sich derweil im Neustädter Blättchen mit Bildern und einen Liedtext zu Wort gemeldet. Das dazugehörige Feedback bekam Sitzungspräsidentin Felicitas Trebes-Börner per SMS oder Whatsapp – ausgerechnet in einer Phase, in der die Krankenschwester in Quarantäne (alle Corona-Tests fielen negativ aus) zu Hause bleiben musste. Die Menschen hätten sich so über ihren Beitrag gefreut und so tolles Feedback gegeben, dass sie von ihren Gefühlen übermannt wurde und eine Stunde lang Tränen vergoss, gibt sie einen tiefen Einblick in ihr Seelenleben.

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Die Frauengemeinschaft ließ es sich übrigens auch in diesem Jahr nicht nehmen, einen Orden aufzulegen, den ausgewählte Neustädter erhielten. Das Motto: „Corona? Nein, danke. Wir haben schon den Karnevals-Virus.“ Trebes-Börner hofft, dass die Menschen möglichst bald aus „Einzelhaft und Vereinsamung“ rauskommen: „Aber vielleicht bietet sich momentan auch die Chance, dass die Menschen ihre sonstigen Gewohnheiten, die jetzt ausfallen müssen, wieder zu schätzen wissen.“

Der Karneval fehlt

Michaela Gies, Sitzungspräsidentin des Frauenvereins, ist ein ähnlicher Gedanke durch den Kopf gegangen. „Erst dachte ich, es ist gar nicht so schlimm, wenn Karneval nach zwei Jahren, in denen wir alle zusammenfeierten (weil das Haus der Begegnung neu gebaut wurde, Anmerkung der Redaktion) mal ausfällt und wir uns sammeln und neu planen können.

Aber jetzt merke ich, wie mir der Karneval fehlt.“ Die Neustädter seien zu einer echten Gemeinschaft zusammengewachsen – und das vermisse sie sehr. Auch die Frauen organisierten höchstens online kleinere Treffen, wie Gies berichtet. Für ihre Garde gestaltete das Komitee beispielsweise ein Foto-Buchstabenrätsel.

Am Rosenmontag werden Neustadts Narren zwar nicht, wie üblich, vor hunderten Zuschauern das Rathaus erstürmen – sichtbar wollen sie aber trotzdem sein, natürlich nur so, wie es Corona-bedingt möglich ist: Sie planen, ein paar Banner an das Gebäude zu hängen, in dem Bürgermeister Thomas Groll ausnahmsweise weiterregieren darf.

Büttenreden über Whatsapp

Apropos Rathaus-Erstürmung: Diese fällt in diesem Jahr natürlich auch in Amöneburg flach, denn auch Roßdorfs Narren halten die Füße größtenteils still. Im Herbst habe es noch kurz die Hoffnung gegeben, dass sich zumindest vereinsintern etwas für die jungen Gruppen wie die Garden machen lasse, berichtet Sprecher Norbert Rausch Doch als die Maßnahmen verschärften worden, sei schnell klar gewesen, dass alles ausfallen muss.

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Und so gingen bei Whatsapp ein paar Büttenreden rum – und Patrick Kraus und Marius Maus erlaubten es sich, als karnevalistische Sternsinger bei Vorstandsmitgliedern auf Terrassen oder Höfen aufzutauchen und ein paar unterhaltsame Zeilen vorzutragen.

Am Samstag gibt es aber doch ein bisschen Karneval – eben so, wie momentan eben maximal möglich: Die Roßdorfer planen für 14.31 Uhr einen „rollenden karnevalistischen Flashmob“. Im Autokorso soll es hinter Narren-Pferd Eduard durchs Dorf gehen.

„Ein paar Kamelle werden wir Corona-konform aus den Autos werfen können“, sagt Rausch und hofft, dass sich die Menschen über die „Karnevalsverrückten“ in ihren Fahrzeugen freuen. Die Aktion richte sich vor allem natürlich an die Kinder, ergänzt der Sprecher und animiert alle Zuschauer, bei aller Freude trotz allem die bestehenden Abstands- und Sicherheitsregeln einzuhalten.

Faschingsparty als Videokonferenz

Ebenfalls in Amöneburg veranstaltet die Jugendförderung am Sonntag ab 16.11 Uhr eine Faschingsparty – als Videokonferenz. Teilnehmer sind aufgerufen, sich verkleidet vor die Kamera zu setzen – und sich keinesfalls in Gruppen zu treffen. Anmeldung per E-Mail an jugendfoerderung@amoeneburg.de.

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Voll auf die virtuelle Welt haben die Narren aus Schweinsberg gesetzt, die ihre neuen Sitzungspräsidenten mit einem Video präsentieren, in dem sie auch darauf verweisen, dass sie nun eine eigene Karnevalsabteilung im Sportverein gegründet haben (gesonderter Bericht folgt). Der FCKK Stadtallendorf hat zum eigentlich für seine Prunksitzung geplanten Termin ein Video ins Internet gestellt, in dem Mitglieder an der Jerusalema-Tanzchallenge teilnehmen.

Dafür hat Tanja Misar aus vielen einzelnen Videos ein großes Ganzes gemacht, lobt Norbert Naumann, der mit Ehefrau Christel als Sitzungspräsident fungiert. Hintergrund der Aktion ist, dass die Menschen zeigen wollen: Wir sind zwar alleine – aber doch zusammen.

„Es tut schon weh“, resümiert Naumann und bedauert, dass Karneval dieses Jahr ausfällt und all die Gruppen nicht einmal trainieren können. Und doch schafft es auch dieser Verein, sichtbar zu sein: Der FCKK hat Plakate aufgehängt mit der Botschaft: „Wir sehen uns wieder – bleibt gesund!“

Eines haben alle Narren gemein: Sie bedauern, dass vor allem Kinder unter dem Ausfall des Karnevals leiden müssen – Sorge, dass ihnen der karnevalistische Nachwuchs ausgeht und die Kinder und Jugendlichen aus den Gruppen abspringen, haben sie allerdings nicht.

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OP

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