Kultur

Marburger Kunstverein zeigt „Heaven and Hell“

Sophia Domagala steht im Kunstverein vor ihrem Bild „Lines and Flower“ aus dem Jahr 2022. Die Arbeit ist ein Mix aus Acryl, Denim und Kunstleder auf Leinwand.

Sophia Domagala steht im Kunstverein vor ihrem Bild „Lines and Flower“ aus dem Jahr 2022. Die Arbeit ist ein Mix aus Acryl, Denim und Kunstleder auf Leinwand.

Marburg. Aus der Distanz betrachtet ähneln sie Tierfährten. Wie schnürende Pfotenabdrücke, vielleicht im Schnee oder auf feuchtem Waldboden, so empfindet sie eine Betrachterin.

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Eine andere erkennt das Motiv sofort: Es ist immer dieselbe Hand mit gestreckten, nach oben zeigenden Fingern, in dieser präzisen wie auffälligen Geste mehrfach auf große Leinwand gedruckt. Darüber verlaufen in engen Abständen dünne, senkrechte Linien. „Lines over Hands“ nennt Sophia Domagala die Serie, die geprägt ist von Fotos einer Legong-Tänzerin, die 1958 von der berühmten Dokumentarfotografin Dorothea Lange in Indonesien gemacht wurden.

50 neue Bilder auf zwei Etagen

Bis vor zwei Wochen hat sie noch an ihnen gearbeitet, sagt die Berliner Künstlerin beim Rundgang durch ihre Ausstellung „Heaven and Hell“ im Marburger Kunstverein, die am Freitag (3. Februar) um 18 Uhr eröffnet wird. Auf beiden Stockwerken zeigt Sophia Domagala rund 50 mittel- bis großformatige, 2022 und Anfang 2023 entstandene Bilder in Werkreihen, wie gemacht für diese großzügigen Kunsträume inmitten der Stadt, und hier erstmals öffentlich zu sehen.

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Der Kunstverein sei stets auf der Suche nach „jungen Positionen am Puls der Zeit“, sagt Ausstellungsorganisatorin Carola Schneider, mit Domagala habe man eine hervorragende Repräsentantin gefunden. Die Künstlerin strahlt Ruhe aus, sie spricht langsam und reflektiert, lässt feinsinnige innere Bilder entstehen über das Was, Wie und Warum ihres Werks.

Auf Longlist für Preis der Nationalgalerie

1981 in Hamburg geboren, malt sie seit 15 Jahren, studierte Bildende Kunst und Kunstgeschichte in Braunschweig, Berlin und an der Pariser Sorbonne, hat viele Preise eingefahren und war 2017 auf der Longlist für den Preis der Nationalgalerie nominiert. „Ich habe mich durch viele Dinge durchgemalt, bis ich die Linie entdeckte.“

Seit knapp drei Jahren entsteht das umfangreiche „Linien“-Werk, gekennzeichnet durch Bezüge zur Literatur, zu Ikonen der Kunstgeschichte wie Andy Warhol, und auch zu deutschen Fotografinnen wie Katharina Sieverding. Ob bei „Lines over Big Moments“, „Lines on Jeans“ oder „Lines over Child’s Face“: Wie ein Netz legen sich die Linien übers Bild, halten das Darunterliegende fest, bewahren es.

„Weiß ist für mich bedrohlich“

„Ich will die Dinge nicht nackt als solche ansehen“, sagt Sophia Domagala. Vielmehr flössen Erfahrungen, Emotionen, Erinnerungen in sie ein, die wiederum innere und äußere Prozesse bei der Bildbetrachtung auslösen können. Exemplarisch nennt sie „Lines over White“, ein fast drei Meter langes Acrylbild, schwarze Linien auf weißer Fläche, aufklappbar wie ein Tafelbild. Domagala verharrt still davor. „Es war ein hartes Bild für mich“, sie habe es unter dem Eindruck des Ukraine-Krieges gemacht. „Weiß ist für mich bedrohlich und schwer zu ertragen.“

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Auf ihren Leinwänden tun sich Räume auf, unter der Farbe gibt es vieles zu entdecken: getrocknete Blumen, Zeitungsschnipsel, Textpassagen aus Romanen und Gedichten, Fotografien, Lederteile bis hin zu kompletten Jeanshosen. Die Haptik der Materialien erzählt Geschichten, sagt Sophia Domagala, dahinter stünden keine „krass überlegten Konzepte“, sondern alles entstehe aus dem spontanen Prozess heraus. Darüber die Linie, mit ihrem Oben und Unten, dem Rauf und Runter auch lesbar als „Metapher für das Leben“. Sie zu ziehen, schmunzelt Domagala, sei wie sich in jemanden zu verlieben, „da wird auch erst nach und nach klar, was draus wird“.

Ergänzend zur großen Schau kreisen drei „Trabanten“ im Foyer: Ruiqi Ren, Xingye Huang und Yuqing Fan studieren Bildende Kunst an der Philipps-Universität, waren mit Digitalkameras in naturwissenschaftlichen Uniressorts unterwegs und zeigen „Welten“.

„Heaven and Hell“ von Sophia Domagala ist bis zum 30. März im Kunstverein am Gerhard-Jahn-Platz zu sehen; geöffnet Dienstag bis Sonntag von 11 bis 17 Uhr, Mittwoch von 11 bis 20 Uhr. Der Eintritt ist frei.

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