Mutter nach Streit erstochen: Neun Jahre Haft
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Eine Statue der Justitia hält eine Waage und ein Schwert in der Hand.
© Quelle: Arne Dedert/dpa/Symbolbild
Fulda. Weil er seine Mutter nach einer Auseinandersetzung erstochen hat, ist ein 61-jähriger Mann vom Landgericht Fulda zu neun Jahren Haft verurteilt worden. Bei der Entscheidung ging das Gericht am Donnerstag von Totschlag aus. Die Tat hatte sich am 10. November vergangenen Jahres ereignet. Laut Gericht hatte der Mann nach einem heftigen Streit 17 Mal mit einem Fleischermesser zugestochen. Keiner der Stiche sei tödlich gewesen. Die 79 Jahre alte Mutter war verblutet.
Kurz nach der Tat hatte sich der Angeklagte der Polizei in Rotenburg gestellt. Vor Gericht hatte er über seinen Anwalt ein Geständnis vortragen lassen. Demnach hatte sich der 61-Jährige von seiner Mutter unterdrückt gefühlt. Der Richter bezeichnete das Zusammenleben von Mutter und Sohn als symbiotische Beziehung. Der Tat lägen aber die beiden völlig unterschiedlichen Persönlichkeiten zugrunde: der Sohn selbstunsicher, ängstlich, zurückgezogen und die Mutter dominant, resolut und bestimmend. Der Angeklagte habe sich als fremdgesteuert empfunden.
Der 61-Jährige hatte seine Mutter mitten in der Nacht im Schlafzimmer aufgesucht, um sich zu vergewissern, dass er am nächsten Morgen ihr Auto haben dürfe. Die Mutter sei erbost gewesen, dass er sie deswegen geweckt hatte und habe ihm Vorwürfe gemacht. Da habe er das Fleischermesser geholt und ihr die Hand auf den Mund gedrückt, damit sie aufhöre, zu sprechen. Es habe sich ein handfester Streit und ein Handgemenge entwickelt. Schließlich habe der Angeklagte zugestochen.
Sein Verteidiger hatte gesagt, dies sei das erste Mal gewesen, dass sich der Sohn gegen seine Mutter aufgelehnt habe. Beide hatten im selben Haus gewohnt, nachdem der Angeklagte seine Arbeit in Berlin als Monteur wegen einer schweren Krankheit aufgeben musste. Seine Geschwister hatten das Verhältnis zwischen Mutter und Sohn vor Gericht als gut beschrieben.
Anders als Staatsanwaltschaft und Nebenklage sieht das Gericht die Tat nicht als heimtückischen Mord. Der Richter erklärte, die Mutter sei möglicherweise nicht arglos gewesen. Sie habe ihren Sohn mit dem Messer vor sich stehen gesehen. Die resolute Frau sei auch nicht wehrlos gewesen, weil ihrem Sohn verbal überlegen. Mit der Frage "Willst du mich umbringen?" habe sie ihn einschüchtern wollen und sich auf diese Weise verbal gewehrt. Deshalb habe sich das Gericht nach dem Grundsatz "Im Zweifel für den Angeklagten" nicht für Mord, sondern für Totschlag als Tatbestand entschieden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
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dpa