Extremismus

IS-Rückkehrerin zu vier Jahren Haft verurteilt

Die Angeklagte Kim Teresa A. wird von einer Justizwachtmeisterin in den Verhandlungssaal am Oberlandesgericht in Frankfurt geführt.

Die Angeklagte Kim Teresa A. wird von einer Justizwachtmeisterin in den Verhandlungssaal am Oberlandesgericht in Frankfurt geführt.

Frankfurt/M. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt hat am Freitag eine 32 Jahre alte deutsche IS-Rückkehrerin zu vier Jahren Haft verurteilt. Das Gericht sah unter anderem die Mitgliedschaft von Kim Theresa A. in einer ausländischen terroristischen Vereinigung als erwiesen an. Die 32-Jährige war 2014 mit ihrem damaligen Ehemann nach Syrien ausgereist, um sich der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) anzuschließen.

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Die Richter gingen in ihrem Urteil über die Forderung der Generalstaatsanwaltschaft hinaus, die drei Jahre und drei Monate Haft beantragt hatte. Die Verteidigung hatte eine wesentlich niedrigere Strafe verlangt, ohne ein konkretes Strafmaß zu nennen und in ihrem Plädoyer das Bild einer Frau gezeichnet, die ihrem Ehemann in das Kalifat folgte. Verteidigt wurde A. unter anderem von dem Linken-Politiker Gregor Gysi.

Der Staatsschutzsenat sah in seiner Entscheidung eine "gefestigte islamistisch-fundamentalistische Grundhaltung", die sich Kim Theresa A. in den Jahren nach 2009 angeeignet habe. "Sie ist durchaus nicht aus Liebe zu ihrem Mann 2014 nach Syrien ausgereist", sagte Vorsitzender Richter Christoph Koller. Vielmehr habe sie vor Ort an der Festigung der IS-Herrschaft mitwirken wollen.

Zudem hatte Kim Theresa A., die 2009 zum Islam konvertierte, bereits vor ihrer Ausreise in das Herrschaftsgebiet des IS Kontakte in die islamistische Szene in Deutschland und war dort gut vernetzt. Auf ihren Ehemann, den sie in Deutschland kennengelernt und 2013 nach islamischem Ritus geheiratet hatte, habe sie einen entsprechenden Einfluss ausgeübt.

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In Syrien habe sie keineswegs nur den Ehemann versorgt, sondern mit anderen Frauen eine Chatgruppe betrieben für IS-Sympathisantinnen in Deutschland, die ebenfalls eine Ausreise nach Syrien überlegten und von ihrem Mann den Umgang mit einem Sturmgewehr und einer Kalaschnikow gelernt und die stets geladenen Waffen bei sich gehabt. Sie habe sich "freiwillig und aus eigenem Antrieb" aufgemacht, um beim Aufbau eines islamischen Staates zu helfen, hieß es in der Urteilsbegründung.

In Syrien sei sie ihrem Ehemann zu seinen jeweiligen Einsatzorten gefolgt und habe seine Kampfhandlungen befürwortet. Dabei lebte das Paar von den Leistungen der Terrororganisation, so das Gericht. Zudem erhielt das Paar vom "IS" monatlich eine Geldsumme, wobei die Hälfte ausdrücklich der Angeklagten als Entlohnung für ihre Tätigkeit als Ehefrau eines IS-Kämpfers zugedacht war.

Als sich A. im Frühjahr 2016 entschlossen habe, das IS-Gebiet zu verlassen, habe sie sich keineswegs bereits vom Gedankengut der Organisation gelöst, sondern erkannt, dass die Lage in der Region angesichts des Vordringens gegnerischer Kräfte zunehmend gefährlich wurde, so das Gericht.

Als mildernd bewertete das Gericht, dass A. sich freiwillig vom IS gelöst und Informationen veröffentlicht habe. In ihrer Einlassung vor Gericht habe sie glaubwürdig Reue gezeigt, wenn sie auch ihre eigene Rolle heruntergespielt habe. Eine Mitläuferin, als die sie sich dargestellt habe, sei sie nicht gewesen. Das Gericht berief sich dabei auf Zeugenaussagen, aber auch auf Passagen in ihrem Buch "Maryam A.: Mein Leben im Kalifat".

Die stämmige 32-jährige mit den langen dunklen Haaren verfolgte die Urteilsbegründung äußerlich unbewegt und aufmerksam. Nur gelegentlich blickte sie kurz zu ihren Anwälten hinüber. Als sie in den Gerichtssaal geführt wurde, hatte sie noch nervös gewirkt und wie haltsuchend an die Lehne ihres Stuhls geklammert.

Das Gericht war zuvor auf das Leben der Angeklagten vor der Hinwendung zum radikalen Islam eingegangen. Die Jugend von A. war von familiären Problemen und schwierigen sozialen Verhältnissen geprägt gewesen, sie hatte weder einen Schulabschluss noch eine Berufsausbildung, lebte von Gelegenheitsjobs.

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Die Richter bestätigten mit ihrem Urteil weitgehend die einzelnen Punkte der Anklage. Danach hatte sich A. nicht nur wegen der Mitgliedschaft in der terroristischen Vereinigung strafbar gemacht, sondern auch wegen eines Kriegsverbrechens am Eigentum, der Requirierung verlassener Wohnungen, sowie des Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig - mit dem Gang in Revision wird gerechnet.

© dpa-infocom, dpa:211028-99-776469/4

dpa

OP

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