Hessen plant Corona-Lockerungen ab März in vier Stufen
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Volker Bouffier (CDU), Ministerpräsident von Hessen, gestikuliert.
© Quelle: Andreas Arnold/dpa
Wiesbaden. Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) plant im März Lockerungen der strengen Corona-Regeln für die hessische Bevölkerung. Der Perspektivplan der Landesregierung sieht in vier Stufen bis zum Mai Öffnungen der geltenden Schutzmaßnahmen vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus vor. Nach der am Donnerstag in Wiesbaden vorgestellten Version wird dann ab Juni die schrittweise Rücknahme verbliebener Einschränkungen in Aussicht gestellt.
Bouffier betonte, dass es sich bei diesen Öffnungsschritten vorerst um einen Plan, aber noch nicht um einen Beschluss handele. Die konkreten Maßnahmen würden erst nach dem Bund-Länder-Treffen gefasst, das für Mittwoch geplant ist. Am kommenden Donnerstag wird dann das hessische Corona-Kabinett tagen und konkrete Entscheidungen treffen. Die geltenden Maßnahmen sind zunächst bis zum 7. März befristet.
Das Pandemiegeschehen sei die Richtschnur des Handelns, erklärte der Regierungschef. Die Lockerung der Corona-Regeln in Hessen hänge nicht nur von den Inzidenzwerten ab. Es gehe etwa auch um die Situation in den Kliniken, die Zahl der täglichen Neuinfektionen, den Impfstatus sowie die Kontaktnachverfolgung. Entscheidend sei daher, dass sich die Bürger weiter an die Corona-Regeln hielten und vorsichtig und besonnen blieben.
Konkret sieht der Plan nach Angaben des Ministerpräsidenten in seiner ersten Stufe für März vor, dass sich wieder fünf Personen aus zwei Haushalten treffen dürfen. Kinder bis 14 Jahren werden dabei nicht mitgerechnet. Voraussetzung sei jedoch, dass sich die pandemische Entwicklung nicht verschlechtere, mahnte Bouffier.
Auf allen Sportanlagen in Hessen soll nach dem Plan dann wieder mit diesen Kontaktregeln Sport betrieben werden können. Amateursport für Kinder und Erwachsene sei jedoch wegen der noch immer unübersichtlichen Situation mit den ansteckenderen Varianten des Coronavirus noch nicht wieder möglich. Schwimmbäder bleiben nach Angaben des Regierungschefs weiter geschlossen. Der Besuch von Fitnessstudios soll mit Einzelterminen erlaubt werden.
Die erste Stufe des Plans sieht den Angaben zufolge zudem die Öffnung von Freizeit- und Kultureinrichtungen unter freiem Himmel vor. Das betrifft etwa den Besuch von Zoos und Freilichtmuseen. Das Einkaufen soll in allen Geschäften im Land mit einer vorherigen Terminvereinbarung unter strengen Hygieneregeln möglich gemacht werden.
Die zweite Stufe des Perspektivplans sieht vor Ostern vor, dass Veranstaltungen unter freiem Himmel mit bis zu 50 Personen wieder erlaubt sein sollen. Museen und Galerien sollen demnach wieder öffnen können. Das Einkaufen in allen Geschäften mit Zugangsbeschränkungen und medizinischer Maske werde erlaubt. Ebenso soll wieder die Gastronomie unter freiem Himmel mit strengen Abstands- und Hygieneregeln möglich gemacht werden. Sogenannte körpernahe Dienstleistungen wie etwa Kosmetikstudios sollen öffnen dürfen.
Die dritte Stufe des Perspektivplans bedeutet nach Angaben der Landesregierung, dass nach den Osterferien unter anderem der Präsenzunterricht der Klassen eins bis sechs sowie Wechselunterricht der Klassen sieben bis elf möglich gemacht werden kann. Stufe vier im Mai stellt für alle Schüler Präsenzunterricht im eingeschränkten und angepassten Regelbetrieb in Aussicht.
Der Hessische Industrie- und Handelskammertag (HIHK) nannte die angekündigten Corona-Lockerungen überfällig. Nun müssten den Ankündigungen aber auch schnell konkrete Entscheidungen folgen, mahnte Präsident Eberhard Flammer. Bei der kommenden Bund-Länder-Schalte sollten die Länderregeln zielgerichtet synchronisiert werden, um Wettbewerbsnachteile für Unternehmen zu vermeiden.
Die Landtagsopposition kritisierte die Ankündigungen der Landesregierung. SPD-Fraktionschefin Nancy Faser sprach von einer "Ansammlung von wolkigen Eventualitäten". Die Präsentation sei kein Plan und biete auch keine Perspektive für Bürger und Unternehmen. Die Linken-Fraktionsvorsitzende Janine Wissler warnte davor, Erwartungen zu wecken, "von denen nicht klar ist, ob sie im Frühjahr erfüllt werden können". Das sei unseriös und verspiele das Vertrauen der Bevölkerung.
Bouffier und Vize-Regierungschef Tarek Al-Wazir (Grüne) riefen zur Corona-Impfung auf und betonten die gute Wirksamkeit des Impfstoffs des Herstellers Astrazeneca. Mit diesem Impfstoff dürfen derzeit ausschließlich 18- bis 64-Jährige geimpft werden. Er empfehle jedem, sich mit Astrazeneca impfen zu lassen, betonte der Ministerpräsident. "Ich würde es tun." Er liege jedoch bereits über der derzeit geltenden Altersgrenze - Bouffier ist 69 Jahre alt.
Das Land Hessen will für Grundschullehrer und Mitarbeiter in der Kindertagesbetreuung derweil Sammeltermine für die Corona-Schutzimpfung anbieten. Kommunen und Schulleiter sollen den Bedarf erfassen und an das Schulamt weiterleiten. Nach Angaben des Innenministeriums zählen rund 70 000 Grundschullehrer und Erzieher zu den Impfberechtigten der zweiten Prioritätsgruppe. Insgesamt umfasst diese Gruppe demnach 1,5 Millionen Hessen.
Innerhalb eines Tages sind im Bundesland 854 Neuinfektionen mit dem Coronavirus registriert worden. Die sogenannte 7-Tage-Inzidenz, also die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner innerhalb der vergangenen 7 Tage, lag bei 61,6, wie aus Daten des Robert Koch-Instituts vom Donnerstag (Stand 3.10 Uhr) hervorging. Am Mittwoch hatte sie bei 60,3 gelegen.
Insgesamt wurden demnach seit Beginn der Pandemie 186 288 Fälle in Hessen nachgewiesen. Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit dem Virus erhöhte sich um 24 auf 5775. Unter den Landkreisen und kreisfreien Städten wiesen der Landkreis Groß-Gerau mit 97,2 der Lahn-Dill-Kreis mit 87,2 und der Main-Kinzig-Kreis mit 83,5 die höchsten Inzidenzwerte auf.
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