Autofahrer sollten Knöllchen nach Gerichtsurteil prüfen
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Ein "Knöllchen" für einen Falschparker ist unter dessen Scheibenwischer geklemmt.
© Quelle: Bernd Wüstneck/dpa/Archivbild
Frankfurt/Main. Als Konsequenz aus der Knöllchen-Entscheidung des Frankfurter Oberlandesgerichts sollten Autofahrer nach Experteneinschätzung beim Erhalt von Strafzetteln genau hinschauen. Laufe das Verfahren noch und sei klar, dass die Kontrollen von Parkverstößen der Kommune in der Hand privater Dienstleister liege, könnten sich Autofahrer nun wehren, sagte Gerhard Hillebrand von der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht beim Deutschen Anwaltsverein am Dienstag. Nach der am Vortag veröffentlichten Entscheidung des OLG Frankfurt ist der Einsatz solcher privater Dienstleister und Leiharbeiter zur Verkehrsüberwachung gesetzeswidrig.
Die Stadt Offenbach ist von der Entscheidung betroffen und stellt deshalb geschätzte 20 000 Verfahren ein, wie die Kommune mitteilte. Dies bedeute einen Einnahmeverlust von rund 250 000 Euro. Bereits abgeschlossene Verfahren würden aber nicht wieder aufgerollt. Der Einsatz von Leiharbeitern in dem Bereich sei mit sofortiger Wirkung eingestellt worden, die Stadtpolizei werde zunächst die Verkehrsüberwachung übernehmen. Zugleich werde noch intensiver nach Personal gesucht, um die Lücke zu füllen. Hanau erklärte dagegen, nicht betroffen zu sein.
Beim OLG Frankfurt hieß es am Dienstag, die Entscheidung könne bundesweite Signalwirkung haben - müsse jedoch nicht. "Die Entscheidung wirkt unmittelbar nur in dem konkret entschiedenen Fall", erläuterte eine OLG-Sprecherin. "Die Erwägungen der Richter, die der Entscheidung zugrunde liegen, sind aber im Prinzip deutschlandweit übertragbar, da sie sich unter anderem auf Bundesrecht beziehen", hieß es weiter. Bindend seien sie allerdings nur in dem konkreten Fall. "Andere Gerichte könnten in vergleichbaren Fällen auch anders entscheiden."
Im Frankfurter Fall ging es um 15 Euro Verwarngeld, die ein als Stadtpolizist eingesetzter Leiharbeiter einer privaten Firma verhängt hatte. Nach Überzeugung des OLG ist das Recht, Ordnungswidrigkeiten wie Falschparken zu ahnden, ausschließlich dem Staat zugewiesen, wie es in der Begründung der Richter hieß.
Die Stadt Frankfurt will die Kontrollen im gleichen Umfang beibehalten. Dafür werde zusätzliches Personal benötigt, zumal im Rahmen der Parkraumbewirtschaftung zusätzliche Aufgaben auf die Stadt zukämen, sagte der Referent im Verkehrsdezernat, Hans Preißl, der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag. Dabei verwies er auf die Ausweisung neuer Bewohnerparkgebiete. "Es wird Gespräche geben müssen, um Verkehrsüberwachungskräfte in Frankfurt zu gewinnen", sagte Preißl. Zuletzt seien weniger als 20 Mitarbeiter solcher Dienstleister in Frankfurt tätig gewesen. Sie seien unmittelbar nach Verkündung der Entscheidung ins Straßenverkehrsamt zurückbeordert worden.
In anderen großen Städten wie etwa in Hamburg, München und Hannover sind keine privaten Dienstleister bei Park-Kontrollen im Einsatz, wie eine dpa-Umfrage ergab.
In Hessen ist das anders: So hatte das OLG am Vortag unter Berufung auf das Innenministerium erklärt, die gesetzeswidrige Vorgehensweise Frankfurts sei auch in anderen Kommunen im Land gängige Praxis. Eine Übersicht, welche Städte oder Gemeinden dies sind, liegt nach Angaben des Ministeriums allerdings nicht vor.
Darmstadt hatte nach Angaben vom Montag der privaten Sicherheitsfirma gekündigt, die Falschparker kontrollierte. Limburg hatte nach eigenen Angaben zeitweise eine Privatfirma für die Kontrolle von parkenden Fahrzeugen beauftragt. Bei der Wetzlarer Ordnungspolizei waren zuletzt zwei Leiharbeiter einer privaten Firma beschäftigt. Man werde sich nun mit dem Urteil befassen und die Folgen für die Kommune prüfen.
Das hessische Innenministerium erklärte, auf Anfrage des OLG Frankfurt habe man im Mai 2019 durch eine Abfrage erhoben, dass es neben Frankfurt damals "weitere Kommunen" gab, in denen Leiharbeitskräfte Aufgaben bei der Überwachung des ruhenden Verkehrs wahrnahmen und zu Hilfspolizeibeamtinnen und -beamten bestellt wurden. Das Ministerium werde "die Kommunen über das Urteil des OLG Frankfurt und die damit verbundenen Folgen informieren", erklärte ein Sprecher.
dpa
OP