Die Christsozialen denken an eine dreimonatige Sperrfrist für Sozialhilfe und ein Einreiseverbot für ausgewiesene Betrüger.
Bulgaren und Rumänen genießen seit gestern das uneingeschränkte Recht, in allen EU-Staaten einen Job zu suchen. Erwartet werden allein in Deutschland bis zu 180.000 Zuwanderer.
EU-Sozialkommissar Laszlo Andor rechnet nicht mit einer dramatischen Zuwanderungswelle, da schon mehr als drei Millionen Bulgaren und Rumänen in anderen EU-Staaten leben. Es könnte auf lokaler oder regionaler Ebene Probleme geben, falls Menschen vermehrt zuwanderten. Mitgliedsstaaten könnten in solchen Fällen den europäischen Sozialfonds in Anspruch nehmen, der jährlich mit mehr als zehn Milliarden Euro ausgestattet sei. Laut Andor machen über 14 Millionen EU-Bürger von ihrem Recht Gebrauch, in einem anderen Mitgliedsland der Union zu leben und zu arbeiten.
Der deutsche Städte- und Gemeindebund forderte Hilfen für „Armutszuwanderer“. „Den Kommunen fehlen oft Unterkünfte, weil die Familien teilweise mit sechs oder mehr Kindern sehr groß sind“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg. Ein Großteil der Zuwanderer sei qualifiziert, aber es kämen auch Menschen mit sehr geringer Bildung, häufig ohne Krankenversicherung.
Die Grünen: „Populistische Stimmungsmache“
Bulgariens Botschafter in Berlin, Radi Naidenov, kritisierte: „Wer Vorurteile bedient und populistisch argumentiert, schadet der europäischen Idee und uns allen.“ Die Grünen warfen der CSU „populistische Stimmungsmache“ vor. „Die allermeisten Bulgaren und Rumänen, die in Deutschland leben und arbeiten, stärken unsere Sozialsysteme und unsere Wirtschaft“, sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt.
Bayerns Ministerpräsident Seehofer bekräftigte in der „Bild“-Zeitung die Forderungen nach schärferen Missbrauchsregelungen, die auch Bestandteil des Koalitionsvertrages seien. Dazu gehörten auch Wiedereinreisesperren für Betrüger. Der Vorwurf, seine Partei fische am rechten Rand, sei „absurd“. Seehofer: „Der beste Schutz gegen rechtsradikale Dumpfbacken ist, die Probleme zu lösen, auf denen sie ihr Süppchen kochen.“ CDU-Bundesvize Armin Laschet hält dagegen die Angst vor Neubürgern für übertrieben. „Ähnliche Debatten hatten wir bereits 2004, als es um Zuwanderung aus Polen, Ungarn und Tschechien ging. Damals kam nur ein Bruchteil der Menschen, die wir erwarteten“, sagte er.
Nach Ansicht des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) muss Deutschland für Zuwanderer attraktiver werden. Bis 2020 sinke das Potenzial an Erwerbstätigen um 6,5 Millionen Menschen, sagte BDI-Präsident Ulrich Grillo. „Wenn wir stärker wachsen wollen, müssen wir qualifizierte Arbeitskräfte aus dem Ausland hereinholen.“
Der britische Premier David Cameron will seit Längerem die Freizügigkeit für Bürger aus ärmeren Ländern einschränken. Der konservative Politiker beharrt deshalb auf einer Änderung der EU-Verträge. Großbritannien hat angekündigt, den Bezug von Sozialleistungen für arme EU-Einwanderer zu erschweren.
dpa