27 Millionen getötete Menschen aus der Sowjetunion. Sechs Millionen ermordete Polen. Über anderthalb Millionen Opfer aus dem ehemaligen Jugoslawien und fast ebenso viele aus Ungarn.
Die Zahlen können nicht mehr als eine flüchtige Vorstellung von dem Leid der Menschen im Zweiten Weltkrieg in Ost- und Südosteuropa leisten.
Die Fraktion der Linkspartei hat deshalb am Donnerstag einen Antrag für eine Gedenkstätte an die osteuropäischen Opfer gestellt. Laut dem Abgeordneten Jan Korte (Die Linke) soll diese Gedenkstätte in Berlin entstehen – und er fragt sich:
„Warum gibt es nicht einfach solch ein Denkmal?“ Er rät mit Blick auf die Spannungen mit Russland, „die Erinnerungskultur nicht mit aktuellen außenpolitischen Lagen zu verquicken.“
Keine Rivalität unten den Opfern
Elisabeth Motschmann (CDU) gab zu bedenken: „Ich frage mich, ob es richtig ist, einfach nur einen Ort zu schaffen. Oder ob wir nicht in Geschichtsvermittlung investieren sollten.“
Dabei verwies sie auf aktuelle Statistiken, wonach 40 Prozent der jüngeren Deutschen kein oder kaum Wissen über den Holocaust haben und fragte: „Wie können wir Geschichtsvergessenheit entgegenwirken?“ Wichtig sei, das Leid der Opfer weiterzutragen und keine Rivalitäten unter den Opfergruppen zu befördern
AfD greift Linke an
Marc Jongen von der AfD-Fraktion schlug andere Töne an. Er stellte die Verbrechen der Nazis und die der kommunistischen Sowjetunion gleich: „Beide waren völlig einig im Vernichtungswillen bestimmter Gruppen.“ Und illegitimierte so den Antrag auf eine Gedenkstätte.
Dann schwenkte er zum Frontalangriff auf die Linke: „Ohne Stalin und den Kommunismus würde Ihre Partei gar nicht existieren!“ Die Linke wolle mit solchen Anträgen, „den nachfolgenden Generationen ein tiefes Schuldbewusstsein einpflanzen“. Dafür erntete der AfD-Abgeordnete Protest, nicht nur aus der Linksfraktion.
Marianne Schieder (SPD) ging mit der AfD hart ins Gericht: „Schämen Sie sich, dieses richtige Anliegen auf diese Weise zu diffamieren.“ Sie kritisierte allerdings auch, dass die Linken in ihrem Antrag keinen Vorschlag zur Umsetzung lieferten
Grundsätzliche Einigkeit – die Frage nach dem „Wie“ bleibt
„Der Kniefall Willy Brandts schaffte mehr für die Aussöhnung, als es jedes Gebäude könnte“, betonte Thomas Hacker (FDP). Er forderte spezifische Projekte und Programme, „um neuen Generationen das Geschehene begreifbar zu machen“. Johannes Selle (CDU) bemängelte: „Wir glauben nicht, dass nur ein Gedenkort unserer Verantwortung gerecht wird.“
Bis auf die AfD sind sich die Fraktionen einig: Allen Opfer des NS-Regimes im Zweiten Weltkrieg muss gedacht werden, auch denen aus ost- und südosteuropäischen Staaten. Gedenkstätte, Wanderausstellung oder multimediale Projekte: Nun müssen sich die Fraktionen allerdings noch verständigen, wie das Vorhaben umgesetzt werden soll.
Die animierte Karte zeigt, mit welchem Stimmenanteil die AfD in die Landesparlamente eingezogen ist
Lesen Sie auch: Gedenkstunde im Bundestag: Dafür lobt Saul Friedländer Deutschland
Lesen Sie auch: Das ist der Mann, der die Stolpersteine macht
Von Janik Marx/RND
Der Artikel "AfD provoziert und löst Debatte um Denkmal für NS-Opfer aus " stammt von unserem Partner, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.