Die Polizei hat einen dreijährigen Jungen aus Nuthetal (Potsdam-Mittelmark) wohlbehalten zu seiner Mutter zurückgebracht. Der Vater hatte das Kind nach Polen entführt. Das Kind war am 6. Oktober mit Zustimmung der Mutter mit seinem 35 Jahre alten Vater zu einem Ausflug aufgebrochen, aber dann nicht zurückgekehrt.
Die Polizei rechnete mit dem Schlimmsten. "Wir dachten zwischenzeitlich, dass der Junge gar nicht mehr am Leben ist", sagte Brandenburgs Polizeipräsident Hans-Jürgen Mörke am Montag. Es habe Hinweise auf einen erweiterten Suizid gegeben.
Gemeinsam mit den polnischen Behörden konnten die Beamten nach eigenen Angaben den Aufenthaltsort des Vaters im Nachbarland ermitteln. Polnische Einsatzkräfte hätten den Mann am vergangenen Samstag in Gewahrsam genommen. Der 35-Jährige sitzt in Polen in U-Haft und soll demnächst nach Deutschland ausgeliefert werden. Ihn erwartet eine Anklage wegen der Geiselnahme seines Sohnes.
Mann wirkte psychisch instabil
Nachdem der Jungen nicht vom Vater zurückkehrte, hatte die Mutter Anzeige wegen Kindesentziehung erstattet. Bei Kontakten per Telefon und E-Mail machte der ehemalige Bundeswehrsoldat auf die Polizei einen verwirrten Eindruck, wirkte psychisch instabil, wie die Behörde mitteilte. Mal habe der 35-Jährige verlangt, dass seine Ex-Freundin die Trennung noch einmal überdenken solle, schilderte Chefermittler Andreas Dingelstadt. Dann habe er Straffreiheit für sich verlangt.
Die Ermittler fanden heraus, dass der Mann seine Ausbildung als Rechtspfleger gekündigt hatte. Außerdem habe er seinem Vater eine Generalvollmacht für seine Habseligkeiten und seine äußerst aufgeräumte Wohnung hinterlassen. Als er auch noch ankündigte, dass seine ehemalige Partnerin den gemeinsamen Sohn nie wieder sehen werde, klingelten bei den Ermittlern die Alarmglocken.
Polnische Spezialkräfte schlugen zu
"Ab sofort haben wir wegen Geiselnahme ermittelt und 200 Beamte an Fall gesetzt", schilderte Mörke. Die Lage sei sehr ernst gewesen. In einem von zehn Fällen würden Opfer ihre Entführung nicht überleben, betonte Dingelstadt.
Doch die Ermittler fanden den Ex-Hauptmann in Polen. Abrechnungen von Kreditkarten in polnischen Hotels sollen dabei eine wichtige Rolle gespielt haben. Am vergangenen Samstag schlugen polnische Spezialkräfte dann in Wroclaw (Breslau) zu, konnten den Jungen wohlbehalten befreien und seinen Vater festnehmen.
Von Georg-Stefan Russew