Sie sind wieder da. Die Hardcore-Fans, die vor Apple-Läden kampieren, obwohl das neue iPhone noch gar nicht im Handel ist. Kaum hatte der US-Konzern am Dienstag das Modell 5S vorgestellt, zogen die Ersten zu den Geschäften mit dem angebissenen Apfel-Logo. Dort wollen sie ausharren bis zum Verkaufsstart am 20. September. Sich die Nächte um die Ohren schlagen für ein Smartphone? Echte Apple-Jünger begegnen dieser Frage mit einer Mischung aus Ungläubigkeit und Entsetzen. Es ist ein iPhone – also wirklich!
Dabei sind kritische Fragen in diesem Jahr angebracht. Denn das, was am Freitag in einer Woche auf den Markt kommt, hat es in sich: Apple stattet das iPhone 5S mit einem Sensor aus, der den Besitzer anhand biometrischer Daten erkennt. Neben der Eingabe des Zahlencodes lässt sich das Gerät auch durch das Auflegen eines Fingers auf den sogenannten Homebutton entsperren. Nie wieder Passwörter vergessen, lautet die Botschaft von Apple-Chef Tim Cook. Der Fingerabdruck werde – natürlich verschlüsselt – auf dem iPhone gespeichert und keinem anderen Programm zugänglich gemacht.
Verschlüsselt? Keinem anderen Programm zugänglich? Cook wusste um die Bedeutung dieser Worte. Noch keine Woche ist die Enthüllung des Ex-Geheimdienstlers Edward Snowden alt, wonach Spione des US-Geheimdienstes NSA auch Daten auslesen können, die auf iPhones gespeichert sind. Jetzt also auch noch Fingerabdrücke? Die Daten seien absolut sicher, versichert Cook, zumal die Scans niemals an die Firmenserver von Apple übertragen würden. Man muss den Beteuerungen glauben, denn nachprüfen lassen sie sich nicht. Aus Sicht von Datenschützern liegt genau hier das Problem. „Datenschutzrechtlich wäre das Ganze unbedenklich, wenn der Nutzer tatsächlich eine Kontrolle über die Daten hätte und einsehen könnte, dass diese nicht an Apple übermittelt werden“, sagt der Hamburger Datenschützer Johannes Caspar. Ob und inwieweit Daten von Apple oder Dritten ausgelesen werden können, sei aber schwer zu durchschauen.
Doch nicht nur aus rechtlichen Gründen ruft der neue Fingerabdrucksensor Kritiker auf den Plan. Es geht auch um Fragen der Sicherheit. Zwar ist die Technik komfortabel, weil man den Zugangscode immer am Körper trägt. Doch ist sie bei Weitem nicht so fälschungssicher, wie es dem Nutzer gerne suggeriert wird (siehe Interview rechts). 2009 gelang es Experten des Chaos Computer Clubs, den Fingerabdruck von Wolfgang Schäuble zu duplizieren – sie bedienten sich an einem Wasserglas, das der damalige Innenminister bei einer Podiumsdiskussion angefasst hatte. Für Schäuble („Meinen Fingerabdruck kann jeder haben“) kam das zur Unzeit. Trommelte er doch gerade für die verpflichtende Speicherung von Fingerabdrücken im Personalausweis. Nicht zuletzt wegen des öffentlichkeitswirksamen Aufschreis von Datenschutz-Aktivisten ruderte Schäuble zurück. Die Abgabe des Fingerabdrucks ist weiter freiwillig.
Und heute? Trotz der Enthüllungen von Edward Snowden bleibt der Aufschrei unter Apple-Nutzern aus – weil das Unternehmen offenbar einen Zeitgeist bedient. Schon länger gibt es Apps, die ebendiese Sensortechnik nutzen. Auch bei Notebooks wird sie seit Längerem verbaut. Neu ist also nicht die Technik, sondern der Umstand, dass Apple sie erstmals so prominent einsetzt. Und das, so befürchtet Datenschützer Caspar, könnte bei Nutzern die Bereitschaft fördern, künftig wie selbstverständlich biometrische Daten preiszugeben, um sich zum Beispiel bei Internetdiensten anzumelden. „Seine Adresse oder Telefonnummer kann man ändern – den Fingerabdruck aber nicht“, warnt Caspar.
Ob derartige Appelle fruchten, ist jedoch fraglich. Als vor zwei Jahren bekannt wurde, dass Apple die Ortungsdaten von iPhone-Besitzern erfasste, ging eine Welle der Empörung um die Welt. Die Nutzer luden schnell ein von Apple angebotenes Software-Update auf ihr Gerät, um die Datensammlung zu stoppen – und posteten ihren aktuellen Standort munter weiter bei Twitter und Facebook.