Die Franzosen haben für eine Liebe, die wild und unvernünftig ist, einen schönen Begriff: Amour fou. Dass Jessica Hausner ihren Film über den Dichter Heinrich von Kleist und Henriette Vogel und deren gemeinsamen Selbstmord am Wannsee im November 1811 mit „Amour Fou“ betitelt, ist allerdings verwirrend. Von Leidenschaft keine Spur, die Österreicherin stellt eher eine nüchterne Versuchsanordnung über die Liebe an.
Der Melancholiker Heinrich von Kleist empfindet das Leben als Schmerz und sucht einen geliebten Menschen, der ähnlich fühlt und sich mit ihm umbringt. Nachdem seine Cousine Marie dankend ablehnt, ist die nächste Auserwählte die Hausfrau und Mutter Henriette Vogel. Erst als bei der jungen Frau eine unheilbare Krankheit diagnostiziert wird, geht sie auf den Wunsch des Dichters ein.
Hausner hat Briefwechsel und Tagebücher gelesen und ganze Sätze in ihren Film übernommen. Sie akzeptiert ein sprachliches Korsett. Für die Schauspieler ist das nicht ohne Tücken: Birte Schnöink (Vogel) und Christian Friedel (Kleist) haben in dem strengen Kammerspiel kaum eine Chance auf Entfaltung. Alles läuft in der theaterähnlichen Inszenierung über Sprache, Mimik ist wenig gefragt. Das macht es den Zuschauern nicht leichter. Zuweilen gibt es aber etwas zum Schmunzeln, etwa wenn sich die höhere preußische Gesellschaft über die Demokratisierungswelle aus Frankreich echauffiert, die Steuern für alle mit sich bringt.
Am Ende führt Hausner das romantische Bild vom Doppelselbstmord aus Liebe ad absurdum. Hier stirbt jeder für sich allein.
Von Claudia Palma
„Amour Fou“, Regie: Jessica Hausner,
96 Minuten, FSK 6
Künstlerhaus. Die Regisseurin ist am morgigen Freitag um 20.15 Uhr zu Gast.