Auf ihrer „Hör auf dein Herz-Tour“ wurde das Publikum im Capitol dennoch Opfer eines übermütigen Lichtdesigners. Der muss sich hinter die Ohren schreiben: Es gibt mehr Gründe als drohende Epilepsie, die gegen Stroboskop-Licht sprechen.
Was man von Stürmers Musik mitbekam, wenn man sich nicht gerade die Augen rieb, war zufriedenstellend: Bekannte Akkorde, eingängige Melodien. Vielleicht ist Stürmer, deren Karriere nach der österreichischen Castingshow „Starmania“ begann, wirklich auf dem Teppich geblieben. Ihre Stimme überschlägt sich noch, wenn sie einen Song ansagt. Als sie sich beim Publikum für die tolle Stimmung bedankt, glaubt man ihr das. Aber auch wenn man ihr nichts Böses will: Die Frage, wohin sich die Sängerin noch entwickeln möchte, ist berechtigt. Ihr aktuelles Album „Ich hör’ auf mein Herz“ sollte nach eigener Aussage ein Aufbruch sein.
Musikalisch gehorchen alle neuen Songs aber denselben Regeln wie ihr „Nie genug“, dem Titelsong der RTL-Soap „Alles was zählt“. Die dazugehörigen Texte funktionieren nach dem
Horoskop-Prinzip: Sie sind so beliebig, dass sich jeder mit ihnen identifizieren kann. Das Problem: Stürmer schreibt ihre Songs nicht selbst. Sie singt, sogar gut, aber sie hat keinen direkten Zugriff auf ihre Musik. Die wurde ihr für das aktuelle Album von Christian Neander und David Jürgens bereitgestellt. Und die wagen als verantwortliche Produzenten keine Experimente.
Dass Stürmer als Casting-Queen mit uninspiriertem Poprock seit mehr als 10 Jahren erfolgreich ist, mag verwundern. Zumindest spricht es für ihre Stimme. Die scheint auch Jon Bon Jovi zu schätzen: Im vergangenen Jahr holte er Stürmer, die in seinem Vorprogramm auftrat, für ein Duett auf die Bühne. Vielleicht schreibt er ihr ja demnächst auch ein paar gute Songs.
Jonas Rohde