„Es passiert gar nichts.“ So beschreiben Gabriele Schmidt und Wolfgang Freitag vom Förderverein ihr Gefühl, werden sie nach dem Stand der Hommertshäuser Kapelle gefragt.
Seit Anfang der 1990er-Jahre belebte der Förderverein das Kirchlein mit regelmäßigen kulturellen und auch kirchlichen Veranstaltungen. Seit fast genau einem Jahr ist das nicht mehr möglich.
Am 11. November 2019 streifte um 8.40 Uhr ein mit Schrott beladener Mulden-Transporter erst zwei Häuser der Schelde-Lahn-Straße und prallte dann in die Fachwerkkirche, wobei der Lastwagen die Kirche vom Sockel schob. Zudem traf der Lastwagen einen Balken, der auf der gegenüberliegenden Seite des Gebäudes den Giebel herausdrückte.
Laut Polizeisprecher Martin Ahlich kam der Fahrer mit dem Lastwagen nach einer Linkskurve mit seinem Gespann nach rechts von der Straße. Wie sich später herausstellte gab es „Defizite im Zusammenhang mit der Ladungssicherung“.
Defizite gibt es seitdem offensichtlich, wenn es um die Wiederherstellung des Kirchleins geht. „Sie fehlt uns schon und wir würden sie gerne wieder in Betrieb nehmen“, sagt Wolfgang Freitag. Doch das ist noch nicht möglich. Die alte Kirche ist ein Kleinod, das unter Denkmalschutz steht.
Das 1656 errichtete Gotteshaus rettete der „Förderkreis Alte Kirchen“ Anfang der 1980er-Jahre vor dem Verfall. Seitdem erfolgten an dem Fachwerkbau kontinuierlich Arbeiten zum Erhalt. Zu Beginn eines weiteren Schrittes zum Erhalt sollten Arbeiten am Dach erfolgen, als sich der Unfall ereignete.
Kapelle wurde schon mal verschoben
Danach räumten die Vereinsmitglieder die Kapelle aus, schmiedeten Pläne, wie es mit dem kleinen Gotteshaus weitergehen soll. Dabei kam auch die Idee auf, das Gebäude an einen anderen Ort zu verschieben. Dies geschah 1956 schon einmal um zwei Meter, um das Verbreitern der Schelde-Lahn-Straße zu ermöglichen. Die sehr stark befahrene Landesstraße 3042 dient als kürzeste Verbindung, um die Autobahn bei Dillenburg zu erreichen.
„Doch einen Transport an einen anderen Ort hätte die Versicherung nicht getragen“, sagt Ortsvorsteher Uwe Wohnrade. Eigentlich gebe es von Beginn an Schwierigkeiten mit der Versicherung, meint er. Deshalb werde der Wiederaufbau, den der Ortsbeirat befürwortet, wohl erst im März oder April beginnen.
Versicherungen zweifelte Gutachten an
Diese Information aus dem Bauamt der Gemeinde bestätigt deren Leiter Ralf Mevius: „Im Frühjahr soll es losgehen.“ Die Kapelle soll dann so bleiben, wie sie ist. Das bedeutet, dass selbst die Gefache drinbleiben, obwohl sie einige Risse aufweisen. Zudem ist der Sockel zum Teil wieder aufzumauern. Das sehe das Konzept eines Statikers vor.
Weshalb ein Jahr verging, bevor das Wiederaufrichten beschlossen wurde, erklärt Mevius folgendermaßen. Es gab Meinungsverschiedenheiten mit der Kraftfahrzeugversicherung des Verursachers über Gutachten und die Schadenregulierung und auch über eine vom Bezirkskonservator des Denkmalschutzes gestellte Auflage – der zu beauftragende Bauleiter müsse in Sachen des Denkmalschutzes versiert sein. Dem stimmte die Versicherung letztlich zu.
Von Gianfranco Fain