Marburg. Ostdeutsche Campingidylle am Wustrower Gestade: Jede Menge Surfer auf dem Bodden, jede Menge Säufer am Boden, jede Menge Camper, die bierschwer über Zeltschnüre stolpern, in Kartoffelsalatresten auf Plastetellern stochern oder sich im Dünengras balgen. Die gesamte Wand des Erdgeschoss-Saals hat Martin Liebscher mit seiner Fotofahne behängt – der Kunsthistoriker würde spontan von einem Schlachtengemälde sprechen.
Gerade so, mit der einen oder anderen Wandschramme, gelang es Liebscher und den Helfern des Marburger Kunstvereins, auch den Wohnwagen in den Saal zu rollen, den der Fotograf normalerweise an der Anhängerkupplung seines Porsche durch die Lande zieht. Ab Freitag zeigt Liebscher seine Fotoarbeiten in der Ausstellung mit dem beziehungsreichen Titel „Alle für Einen“. „Das ist eine ziemlich sportliche Angelegenheit“, berichtet der gebürtige Naumburger über die Entstehung seiner Bilder, auf denen immer nur ein Mensch zu sehen ist: Martin Liebscher. Nicht weniger als 3.500 Liebschers bevölkern den Saal der Berliner Philharmonie – als Orchestermusiker, Zuschauer, Foyer-Flaneure.
„Die digitale Nachbearbeitung kann für ein Werk bis zu sechs Monate in Anspruch nehmen“, erzählt der 45-Jährige, der seit 2007 Professor an der Offenbacher Hochschule für Gestaltung ist. Auch dieser Lehrauftrag ist ein Grund dafür, warum der Campingwagen unbedingt in den Räumen des Kunstvereins platziert werden musste: Wechselweise – jeweils für eine Woche – zeigen während der Liebscher-Austellung Fotografie-Studierende aus Offenbach in dem kleinen Wohnwagen ihre eigenen Arbeiten.
von Carsten Beckmann
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